Freitag, 25. Oktober 2013

Während die USA zum Vorwurf der Lauschangriffe auf internationale Spitzenpolitiker schweigt, suchen die EU-Staaten eine gemeinsame Haltung gegenüber der Spionage ihres großen Bruders

Kanzlerin Merkel befindet sich in guter Gesellschaft. Unter Berufung auf die britische Tageszeitung The Guardian berichten deutsche Medien, dass der US-amerikanische Geheimdienst NSA die Kommunikation von nicht weniger als 35 Spitzenpolitiker ausgespäht haben soll. So schreibt etwa die Süddeutsche Zeitung am 24.10.2013: NSA soll 35 Staats- und Regierungschefs überwacht haben
Die Veranworltichen der USA-Politik geraten offensichtlich in der Defensive und schweigen vorerst zu massiven Vorwürfen ihrer Verbündeten. Folgerichtig überschreibt die Tageszeitung Die Welt ihren Statusbericht zur NSA-Affaire vom 25.10.2013: USA schweigen zu weltweiten Lauschangriff  

Hubert Wetzel, stellvertretender Ressortleiter Außenpolitik der Süddeutschen Zeitung, kommentiert in einem Artikel vom 25.10.2013 Obamas Politik und ihre Folgen: Verbündete vergrault, Vertrauen verspielt

Laut einer Veröffentlichung in Spiegel Online vom 25.10.2013 belegen die Snowdon-Dokumente, dass auch Großbritannien Wirtschaftsspionage in Italien betrieb: Briten betrieben Wirtschaftsspionage in Italien
Zeit Online
macht in einem Artikel vom 25.10.2013 darauf aufmerksam, dass die NSA auch Wirtschaftsuntemehmen mit einer fragwürdigen Motivation ausspät: Spioniert die NSA für Amerikas Konzerne? 

Innenpolitisch zeichnen sich in Deutschland erste Opfer ab, die im Rahmen der Regierungsneubildung nach der letzten Bundestagswahl relativ elegant entsorgt werden können.
Zeit Online
berichtet am 25.10.2013: Der Fall Pofalla wird neu augerollt
Spiegel Online nimmt Portalla und Friedrich am 25.10.2013 ebenfalls ins Vsier: Die Möchtegern-Aufklärer
  • Anmerkungen zu Hintergründen:
    Kanzleramtschef Pofolla, der auch für die Koordination deutscher Geheimdienste verantwortlich ist, erklärte nach dürren Auskünften und Nebelkerzen der USA am 13.08.2013 die NSA-Affaire für beendet: „Der Vorwurf der vermeintlichen Totalausspähung in Deutschland ist nach den Angaben der NSA, des britischen Dienstes und unserer Nachrichtendienste vom Tisch. Es gibt in Deutschland keine millionenfache Grundrechtsverletzung.“ Schützenhilfe erhielt Pofalla von Bundesinnenminister Friedrich, der am 15.08.2013 erklärte: „Alle Verdächtigungen, die erhoben wurden, sind ausgeräumt“. (Zitate aus der Frankfurter Allgemeinen Zeitung vom 16.08.2013: Innenminister Friedrich sieht Vorwürfe ausgeräumt)

Spiegel Online berichtet am 25.10.2013, dass Kanzlerin Merkel und Präsident Hollande, Frankreich, von allen 28 Staats- und Regierungschefs der EU-Staaten beauftragt sind, in bilateralen Gesprächen mit den USA die Abhörskandale aufzuarbeiten und einen neuen Rahmens der Geheimdienstarbeit mit einem "No Spy"-Abkommen zu verhandeln: Merkel und Hollande sollen NSA-Skandal mit den USA klären
Der konkrete Text der gemeinsamen Erklärung ist jedoch derart weich formuliert, dass Erwartungen an die Ergebnisse gegen Null tendieren: "Die Staats- und Regierungschefs nehmen zur Kenntnis, dass Frankreich und Deutschland bilaterale Gespräche mit den USA führen wollen, um bis zum Jahresende zu einer Verständigung über die gegenseitigen Beziehungen auf diesem Gebiet zu gelangen."  (Zitat: Süddeutsche Zeitung, 25.10.2013: Merkel will nicht im Mittelpunkt stehen)

Gemeinsame Feinde fördern bekanntlich Freundschaften. Welche Inhalte die Freundschaft zwischen Staaten der europäischen Gemeinschaft tatsächlich fördern können, ist jedoch noch offen. Ökonomische und politische nationale Eigeninteressen setzen hohe Hürden. Auf diesen Kontext verweist ebenfalls der Artikel der Süddeutschen Zeitung vom 25.10.2013: Merkel will nicht im Mittelpunkt stehen 

Dass deutsche Spitzenpolitker über internationale Spionagepraktiken nicht im Bilde sind, erscheint als wenig glaubwürdig. Die demonstrative Empörung auf Seiten deutscher Politiker dürfte daher eher gespielt sein, um öffentlichen Reaktionen auf die jüngsten Enthüllungen vorzubeugen. Auf die Schwäche Europas und die Scheinheiligkeit der Argumente von deutscher Seite macht ein Artikel in der Tageszeitung Die Welt vom 24.10.2013 aufmerksam: Die NSA-Affaire zeigt die ganze Schwäche Europas

Hinsichtlich der Frage, ob der Berg (eher ein Schutthaufen) mehr als eine Maus gebären wir, lassen wir uns gerne positiv überraschen, falls er jemals kreißen sollte. Die Erwartungen sind jedoch eher bescheiden. Bereits jetzt ist zu erkennen, dass politische Aktivitäten in dieser Sache darauf abzielen, die Wogen zu glätten, ohne die aktuellen Verhältnisse grundlegend zu verändern.

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