Freitag, 29. November 2013

Krieg der Welten - "Im Kino gewesen. Geweint." Weshalb der Cyberkrieg nicht an uns vorbeizieht, und wie wir uns vielleicht schützen könnten, wenn wir es wollten

Eine Reihe von Sachverhalten ist unter Insidern unstrittig:
  • Zwischen USA (und ihren Erfüllungsgehilfen, den sog. 'Five Eyes', Großbritannien, Kanada, Australien, Neuseeland) findet ein Krieg gegen China um die ökonomische Weltherrschaft statt. (Wie die näher an China rückende Nation Australien als Mitglied der 'Five Eyes' die Zerreißprobe zwischen USA und China aushalten wird, ist nicht einschätzbar.)
  • Konventionelle Waffen sind technologisch überholt. Der tatsächliche Kampf um die globale Vormachtstellung findet im Internet bzw. mittels Methoden der Internet-Technologie statt, weshalb diese Art der Kriegsführung als 'Cyberkrieg' bezeichnet wird. (Der aktuell eskalierende Konflikt um die chinesische Lufthoheitszone ist lediglich eine öffentliche Drohgebärde.)
  • Ein 'Cyberkrieg' steht nicht bevor, er ist bereits eine Realität der Gegenwart.
  • Unabhängig vom Ausgang dieses Krieges um die wirtschaftliche und politische Zukunft der Weltherrschaft werden die Konsequenzen weitreichend und von grundsätzlicher Art sein, weshalb dieser Krieg unerbittlich und total geführt wird. (Als Deutsche wissen wir, was das bedeutet!)
  • In Anbetracht der fortgeschrittenen Globalisierung ist jede industrialisierte und post-industrielle Nation (damit auch ihre Mitglieder) von diesem Konflikt betroffen, unabhängig von der aktiven oder passiven Beteiligung. 
  • Europäische Länder sind in diesem Krieg betroffene Außenseiter bzw. passive Teilnehmer ohne Mitspracherechte. Eine Ausnahme bildet Großbritannien. 
Eine Reihe von Artikeln der letzten Woche verhelfen aufklärend zu verbesserter Transparenz der unübersichtlichen, von Geheimdiensten dominierten Schauplätze und machen deutlich, wie deprimierend sich Handlungsspielräume aus deutscher resp. europäischer Sicht darstellen. Europa ist abgeschlagen und betreibt Demontage politischer Kultur. Was zu tun wäre bzw. wie wir agieren müssten, um uns aus dieser Lage zu befreien, lässt sich durchaus aufzeigen. Allein am Willen oder am Mut zur Befreiung aus der selbst verschuldeten Unmündigkeit fehlt es.

Mark Siemons, Kulturkorrespondent der FAZ in Peking, macht in einem Artikel der Frankfurter Allgemeinen vom 26.11.2013 auf Strategien im Cyberkrieg zwischen USA und China sowie auf das Drohpotential aufmerksam, das in diesem Krieg wächst: Amerika und China im Cyberkrieg

Der scheinbare Widerspruch zwischen notorisch knappen öffentlichen Haushalten und der üppigen Mittelausstattung zur Aufrüstung von Geheimdiensten löst sich im Licht des Cyberkrieges ebenso auf wie vermeintliche Widersprüche zwischen nahezu unbegrenzten Befugnissen von Geheimdiensten und geltenden Rechtsnormen.

Frank Rieger, Sprecher des CCC, und René Obermann, Vorstandsvorsitzender der Deutschen Telekom, tauschen aus unterschiedlichen Perspektiven ihre Argumente im Gespräch aus. Die Gesprächspartner repräsentieren verschiedene Lager. Rieger zählt zur Community, die Freiheiten des Internets gegen politische und wirtschaftliche Interessen verteidigt, während Obermann als Vorstand der Telekom das Internet aus Sicht der Wertschöpfung eines Konzern betrachtet. Umso bemerkenswerter ist die Übereinstimmung der Gesprächspartner in wesentlichen Punkten:
  • Europa ist in der Internettechnologie rückständig.
  • Amerikanischen Technologiekonzernen die Dominanz des Internets unter Kontrolle amerikanischer Politik und ihrer Geheimdienste zu überlassen, erweist sich in der Gegenwart als schwerwiegender Fehler.
  • Diese Fehler der Vergangenheit auszubügeln und den Rückstand aufzuhohlen, wird schwer fallen.
  • Die Politik zeigt bezüglich dieser Problematik wenig Kompetenz und hat großen Aufholbedarf.
  • Fehlende Transparenz zerstört Vertrauen in die Politik.
Veröffentlicht ist das Gespräch in der Frankfurter Allgemeinen vom 29.11.2013: Snodowns Enthüllungen sind ein Erdbeben

Hinsichtlich der Frage, wie eine sichere Internet-Architektur beschaffen sein müsste, die Schutz vor Intransparenz, politischer Willkür und geheimdienstlicher Totalüberwachung bieten könnte, skizziert Felix von Leitner, Experte für IT-Sicherheit, in einem Artikel der Frankfurter Allgemeinen vom 25.11.2013 das Modell einer sicheren Internet-Architektur: Ein Bauplan für ein sicheres Internet 

In Anbetracht der Verteilung von politischer und wirtschaftlicher Macht einerseits sowie dem geringen öffentlichen Interesse andererseits, ist der Konunktiv Irrealis die angemessene Form einer Beschreibung von Chancen der Umsetzung des von Felix von Leitner vorgeschlagenen Modells oder ähnlicher Modelle. Die Globalisierungsfalle hat bereits unumkehrbar zugeschlagen. Dem Kampf um die globale Vormachtstellung schauen wir emotionslos zu.

Wer noch immer glaubt, dass ihn die Abhöraffaire nichts angehe, weil er nichts zu verbergen habe, ist entweder noch nicht aufgewacht oder hat nicht verstanden, was hinter unserem Rücken abläuft. Das in der ARD Mediathek einsehbare Dossier "Geheimer Krieg" leuchtet mutig Zusammenhänge aus, die mit verstörenden Sachverhalten konfrontieren: Erst die Politik der USA produziert jene Feinde, gegen die im Namen der Sicherheit ein äußerst schmutziger Kampf gegen Terror geführt wird, der nur wieder neue Feinde produziert. Terrorbekämpfung ist das Alibi, hinter dem ein verborgener Kampf um Weltherrschaft stattfindet. Ein Artikel der Frankfurter Allgemeinen kommentiert die Dokumentation der ARD: Der Krieg, der immer neue Feinde produziert

Abhören und Überwachung sind Methoden totalitärer Staaten, die ihre Gegner selektieren, um sie zu eliminieren. Was gibt uns die Sicherheit, dass wir nicht morgen als Mitglied einer zu eliminierenden Zielgruppe gelten, oder zur aktiven Mitwirkung gegen vermeintliche Gegener gezwungen sind (siehe Einsatz deutscher Soldaten im Kundus), oder zu Opfern von Kollateralschäden werden, die in Konflikten mit 'Bedauern' hingenommen werden? Dass Deutschland eine Drehscheibe des internationalen Terrorkrieges bildet, kann zumindest für deutsche Politker und ihre Geheimdienste kein Geheimnis sein. Auffälliges Schweigen deutscher Politiker bedeutet das Eingeständnis, dass Deutschland als "transatlantischer Bündnispartner" eine Komplizenrolle amerikanischer Weltmachtpolitik zufällt. Ob Komplizenschaft Deutschlands von US-Politik und Wirtschaftsinteressen global agierender Konzerne erzwungen ist oder auf Konsens beruht, muss sich noch erweisen. Wenn laut Heise Online der Koalitionsvertrag zwischen CDU/CSU und SPD die umstrittene 'Vorratsdatenspeicherung' wieder aufleben lässt (Große Koalition bringt die Vorratsdatenspeicherung zurück) und Sigmar Gabriel, Parteichef der SPD, diese Maßnahme mit fehlerhaften Argumenten lobt (SPD-Chef Gabriel wirbt unsachlich für die Vorratsdatenspeicherung), ist entweder ein falsches Signale gesetzt oder eine versteckte Botschaft kommuniziert Deutschland als Kolonie der USA.    

Wer sich gegen eine Politik der Massenüberwachung engagieren möchte, dem bietet die internationale Kampagne 'Stop Surveillance' eine Plattform für eine organisierte Vorgehensweise. In Deutschland repräsentiert diese Kampagne der Verein Digitale Gesellschaft e.V.. Konsens zur Unterstützung Kampagne kann mit einem Eintrag und/oder mit einer freiwilligen Spende dokumentiert werden: https://digitalegesellschaft.de/

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